Interview mit der Zeitschrift HALLO, München
Kinder fiebern häufig und erreichen oft hohe Temperaturen. Die meisten
Eltern erschrecken dann und wollen ihrem Kind schnell helfen.
HALLO hat bei Kinderärztin Dr. Margarete Jäger nachgefragt und folgende wichtigen Tips in Erfahrung gebracht, wie man am besten mit einem fiebernden Kind umgeht.
Dr. Margarete Jäger,
München Berg-am-Laim
Ab welcher Temperatur spricht man von Fieber und wann wird Fieber
gefährlich?
Fieber nennt man eine Körpertemperatur von über 38 Grad Celsius.
Wirklich gefährlich wird Fieber erst ab einer Temperatur von über 41,5
Grad Celsius. Das kommt aber extrem selten vor. Ich habe das in meiner ganzen
Berufslaufbahn von über 20 Jahren ein einziges Mal erlebt. Wenn Eltern
bei ihrem Kind eine solch hohe Temperatur messen, sollten sie sofort
fiebersenkende Medikamente geben und einen Arzt dazuholen.
Wann soll man das Fieber senken?
Fieber ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf eine Infektion.
Durch die erhöhte Körpertemperatur kann der Körper besser mit den
Krankheitserregern fertigwerden. Daher ist es nicht sinnvoll, jedes
Fieber durch Medikamente sofort wieder auf die normale Körpertemperatur
zu senken. Eine Ausnahme sind Kinder, die schon einmal einen sog.
Fieberkrampf hatten. Darauf komme ich später noch zu sprechen. Ich
empfehle, das Fieber bis 39 Grad Celsius zu lassen und nur dann
fiebersenkende Medikamente zu geben, wenn das Kind sehr unruhig ist oder
Schmerzen hat. Bei einem Fieber über 39 Grad Celsius empfehle ich gleich
den Einsatz von fiebersenkenden Medikamenten.
Wie kann ich das Fieber senken?
Bei einer Körpertemperatur von 39-39,5 Grad Celsius und gutem
Allgemeinzustand des Kindes gibt man am besten das homöopathische
Medikament Belladonna in einer D-Potenz, einmalig 5 Globuli. Zusätzlich
sollte man Wadenwickel anwenden.
Sinkt das Fieber damit nicht ab oder fühlt sich das Kind sehr unwohl,
empfehle ich den Einsatz von Dolormin oder Nurofen. Beide Medikamente
haben den Vorteil, daß sie zusätzlich zur fiebersenkenden Wirkung
entspannen und die Kinder oft gut damit schlafen können.
Wie macht man Wadenwickel?
Wadenwickel kann man dann anwenden, wenn das Kind bei hohem Fieber auch
an Beinen und Füßen warm ist. Hat ein Kind hohes Fieber und kalte Füße,
darf man keine Wadenwickel machen, sondern gibt gleich einen Fiebersaft.
Man nimmt für die Wadenwickel zwei Geschirrtücher, die man mit lauwarmem
Wasser naß macht und auswringt. Man faltet die Tücher entsprechend der
Länge der Waden des Kindes. Je ein Tuch wird um eine Wade des Kindes
gewickelt. Darüber zieht man große Wollsocken, sodaß das Geschirrtuch
vollständig bedeckt ist. Danach deckt man das Kind zu und läßt die
Wadenwickel 15 min liegen. Nun werden sie erneuert und nach weiteren 15
min komplett entfernt. Nach weiteren 10 min misst man Fieber, um zu
sehen, ob die Temperatur abgesunken ist.
Soll ein fieberndes Kind im Bett bleiben?
Ein Kind mit Fieber gehört ins Bett. Der Körper braucht für eine
wirkungsvolle Abwehr des Infektes Ruhe und Wärme. Das Kind soll auf
keinen Fall vor den Fernseher gelegt werden, da hier keine Ruhe
eintreten kann. Fiebernde Kinder werden meist ruhig und schläfrig. Auch
das ist ein Grund, das Fieber nicht generell zu senken. Man kann dem
kleinen Patienten immer wieder etwas vorlesen, auch kurze, ruhige Spiele
sind erlaubt, dazwischen sollte das Kind einfach ruhig im Bett liegen.
Viele Eltern befürchten, daß sie diese Vorgehensweise bei ihrem Kind
nicht durchsetzen können. Ich kann aus langer Erfahrung sagen, daß die
Kinder sich schnell daran gewöhnen und oft diese Ruhe sogar genießen.
Wie soll ein fieberndes Kind angezogen werden?
Ziehen Sie Ihrem Kind einen nicht zu warmen langärmeligen und
langbeinigen Schlafanzug an und decken Sie es mit einer normalen, nicht
zu warmen Bettdecke zu. Im Fieberanstieg kann es sein, daß das Kind
friert oder kalte Füsse hat. Dann benutzen Sie eine wärmere Decke und
eine Wärmflasche für die Füsse. Achten Sie darauf, daß es warm angezogen
zum Esstisch kommt, v.a. Strümpfe sind dann wichtig.
Was darf das Kind essen und trinken?
Es wäre gut, wenn Ihr Kind relativ viel trinkt. Fiebersenkend wirkt
Lindenblütentee, ruhig mit Honig gesüßt. Viele Kinder wollen garnichts
essen, wenn sie Fieber haben. Das ist in Ordnung. Auch wenn sie dann
etwas Gewicht abnehmen, holen sie das nach der Krankheit schnell wieder
auf. Solange ein fieberndes Kind aber nichts ißt, sollten Sie Getränke
ansüßen, damit das Kind wenigsten einige Kalorien aufnimmt. Das Kind
kann alles essen, was es möchte, außer Süßigkeiten, die den Magen nur
belasten.
Wie soll man nachts mit dem Kind umgehen?
Am besten ist es, wenn einer der Eltern bei dem Kind schläft, um nachts
eine Veränderung des Zustandes zu erkennen.
Was sind Fieberkrämpfe?
Bei Kindern bis zum Schulalter kann es durch einen Fieberanstieg zu
einem kurzen Krampfanfall kommen. Das Kind verliert dann sein Bewußtsein
und ist nicht ansprechbar. Gleichzeitig bewegt es rhythmisch Arme
und/oder Beine. (Nicht zu verwechseln mit dem Schüttelfrost, bei dem ein
Kind durch den Fieberanstieg heftig friert und zittert.) Fieberkrämpfe
sehen erschreckend aus, sind aber nicht lebensgefährlich und hören in
der Regel nach 2-3 min von selbst auf. Trotzdem sollten Sie v.a. beim
ersten Fieberkrampf unbedingt einen Arzt, ev. auch den Notarzt,
dazurufen, um eine sichere Diagnose stellen zu lassen. Wenn ein Kind
einmal einen Fieberkrampf hatte, soll in Zukunft immer sofort Fieber
gesenkt werden, da manche Kinder in ihrer Kleinkinderzeit etwas zu
Fieberkrämpfen neigen. Diese Neigung verschwindet aber fast immer mit
dem Schulalter.
Wann darf das Kind wieder seinen normalen Aktivitäten nachgehen?
Nach 24 h Fieberfreiheit ohne fiebersenkende Medikamente und Abflauen der anderen Krankheitssymptome wie z.B. Husten kann das Kind wieder aufstehen. Lassen Sie es, wenn möglich, zu Hause, bis Sie merken, daß es sich wieder wohl fühlt. Gehen Kinder zu früh in Kindergarten oder Schule zurück, sind sie besonders anfällig für die nächste Infektion.
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